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Perfektionismus oder Zwang

Perfektionismus oder Zwang?

Rituale bestimmen unseren Alltag von morgens bis zum Abend, wochentags und am Wochenende. Viele Rituale sind sogar wichtig. Sie helfen dabei, in die Vielfalt des Lebens eine kleine persönliche Ordnung zu bringen und das Alltagsleben zu bewältigen.
Ulrike Demal, Verhaltenstherapeutin, Wien: „Rituale erleichtern das Leben. Das weiß man aus der Kindererziehung, dass Rituale – immer zur gleichen Zeit ins Bett gehen – beruhigend wirken, Sicherheit geben, Stabilität geben, Struktur geben.“

Manchmal artet die Ordnungsliebe in Perfektionismus aus. Aber auch das ist normal. In manchen Berufen kann Perfektionismus sogar von Vorteil sein.

Ulrike Demal: „Perfektionismus, das ist eine Persönlichkeitseigenschaft, die kann durchaus das Leben erleichtern. Und wenn jemand mit Perfektionismus, zum Beispiel beruflich eine Nische findet, angenommen Buchhalter oder in der Computerwelt irgendwo gut unterkommt, dann ist das etwas, was von Vorteil ist.“

Problematisch wird es erst dann, wenn zwanghaftes Verhalten keine Funktion mehr hat. Menschen, die stundenlang nicht von der Haustüre wegkommen, weil sie immer wieder kontrollieren müssen, ob diese verschlossen ist, oder ob Gas und Licht abgeschaltet sind, die ständig alles zählen müssen oder nie damit fertig werden eine angemessene Ordnung für Bücher, Bleistifte oder andere Gegenstände zu finden, oder Menschen, die drei Stück Seife am Tag verbrauchen, weil sie sich zwanghaft waschen müssen, diese Menschen haben kaum noch Chancen, einem geregelten Leben nachzugehen.

Manche Zwangskranke schädigen sich selbst. Etwa wenn sie sich Haare ausreißen, bis große kahle Stellen entstehen oder wenn sie ständig an ihrer Haut drücken und kratzen müssen. Viele Zwängler enden im sozialen Out. Dazu gehören auch solche, die alles sammeln, aus Angst sie könnte es später einmal brauchen. Sie leiden am sogenannten Messie-Syndrom.

Ulrike Demal: „Trauer, Schmerz, Ekel, Aggression, Schuldgefühle, das sind Gefühle, die quasi weggezwängelt werden. Bevor es noch zu dem schmerzhaften Erleben dieser Emotion kommt, setzt der Zwang ein. Es ist somit eine vollkommen andere Erlebnisebene vorhanden, und über den Zwang wird der Zugang zu den Emotionen versperrt, ist nicht mehr da.“

Auch Gedanken können Inhalt einer Zwangsstörung sein. Wie die Melodie bei einem Ohrwurm, quälen den Zwangskranken immer wieder die gleichen Zweifel oder Ängste. Zwangskrankheiten beginnen meist um das 20. Lebensjahr. Quer durch alle sozialen Schichten und Kulturen kann es jeden treffen. Der Grund für die Zwangshandlungen liegt im Gehirn. Das Zusammenspiel verschiedener Gehirnareale – sogenannte Regelkreise – ist außer Kontrolle geraten:

Martin Aigner, Psychiatrie Med. Univ., Wien:
„Zwangsstörungen werden durch ein Gemisch von biologischen Faktoren, psychosozialen Faktoren ausgelöst, auf der einen Seite kann es sein, dass diese Hirnkreise nach Infektionen oder nach schweren Belastungen überaktiv werden und diese überaktiven Regelkreise sind es, die dann parallel mit einem starken Drang, dieses Zwangsverhalten durchzuführen, einhergehen.“

Behandelt werden Zwänge mit der sogenannte Expositionstherapie. Die Therapeutin macht alles vor. Ein Patient mit unkontrollierbarem Waschzwang soll genau die Dinge angreifen, vor denen er sich fürchtet. Bei diesem Patienten waren das bereits nahezu alle Dinge, mit denen er in Berührung kam. Ganz besonders aber alle Arten von Reinigungsmitteln. Schließlich soll der Patient mit seinen ungewaschenen Händen etwas essen.

Ulrike Demal: „Verändert sich jetzt etwas in ihrer Anspannung?“

Patient: „Naja, es beginnt jetzt starker Druck auf der Brust, ich krieg irgendwie nicht gescheit Luft, es wird ganz heiß.“

Wie die meisten Zwangskranken, hat auch dieser Patient rund sieben Jahre versucht, seinen Zwang zu verbergen und erst nach dem Verlust seines Jobs therapeutische Hilfe gesucht. Die Therapie normalisiert die Gehirnaktivität. Der Widerholungsdrang lässt nach.

Manchmal entwickeln schon Kinder kleine Zwänge. Diese sogenannten Tics sind unwillkürliche, rasche und abrupte Bewegungen oder Laute. Sie werden in der Pubertät manchmal noch schlimmer. Meist aber vergehen sie von selbst. So lange sie das Leben des Kindes nicht stören, müssen sich Eltern keine Sorgen machen. Oft hilf es schon, einfach einmal miteinander zu reden.
tv.orf.at – 23.08.2016

Soziale Angststörungen

Soziale Angststörungen behandeln

Brötchen kaufen oder einen Arzttermin machen – schon solche Situationen lösen bei manchen Menschen Ängste aus. Die Sorge, sich vor anderen zu blamieren oder unangenehm aufzufallen, bestimmt bei Sozialer Angst den Alltag. Eine Betroffene erzählt, wie drastisch sich das auf ihr Leben auswirkte.
Schwitzen, Zittern, Schwindel – wenn die Angst kommt, will sie nur noch weg. Sabine Krüger (Name geändert) leidet an Sozialer Angst. „Als es sehr schlimm war, habe ich mich noch nicht mal mehr in den Hörsaal getraut“, sagt die junge Frau. „Ich fühle mich dann manchmal wie gelähmt.“
Ihre Reaktionsfähigkeit ist auch eingeschränkt. Sabine Krüger ist damit eine von etwa drei Millionen Betroffenen in Deutschland. „Soziale Angst ist die Angst, sich in Situationen mit anderen Menschen übermäßig zu blamieren, wenn man mit jemandem sprechen muss, wenn man einen Vortrag hält oder auch wenn man in der Öffentlichkeit isst oder trinkt“, erklärt Ulrich Stangier, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Goethe-Universität Frankfurt.

Soziale Angststörungen beginnen meist im Jugendalter: „Wir können einen Anstieg beobachten, wenn Kinder in die Pubertät kommen und sich langsam aus der Familie lösen. Der Kontakt mit Gleichaltrigen und somit weniger vertrauten Personen ist dann häufiger und kann verunsichern. Aber auch schon Kinder im Kindergarten können betroffen sein“, erklärt Silvia Schneider, Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum.

„Anders als einfach nur schüchterne Menschen, sind Betroffene von Sozialer Angst extrem in ihrer Interaktion mit anderen Menschen eingeschränkt“, sagt Schneider. Zudem sei die Angst kein kurzfristiges Phänomen, sondern über einen längeren Zeitraum präsent.

Sabine brach den Kontakt zur Familie ab.
Mit Beginn des Studiums erreichen die Ängste von Sabine Krüger ihren Höhepunkt. Sie geht nicht mehr zu ihren Vorlesungen, sie traut sich nicht, mit ihren Professoren zu sprechen, und auch den Kontakt zur eigenen Familie pflegt sie kaum noch. Eine Beratungsstelle ihrer Universität rät ihr zu einer Therapie.
Den Mut, diesen Schritt zu gehen, hat sie jedoch erst später. Über Internetforen findet sie andere Betroffene. Gemeinsam gründen sie eine Selbsthilfegruppe: „Es hat mir sehr geholfen mit anderen zu sprechen, die einen verstehen. Niemand verurteilt einen. So hat sich nicht nur Vertrauen aufgebaut, es haben sich auch echte Freundschaften entwickelt“, sagt sie heute.
In der Behandlung zeigt die kognitive Verhaltenstherapie die besten Ergebnisse. Die Betroffenen sollen Stück für Stück Fähigkeiten erlernen, mit denen sie schwierige Situationen meistern können.
In den meisten Fällen haben die Ängste über die Lebenszeit einen schwankenden Verlauf. „Immer zu Beginn von neuen Lebensphasen können sie stärker werden, zum Beispiel beim Berufseinstieg“, so Stangier.

Heute sagt sie: „Ich habe gelernt, mich meinen Ängsten zu stellen“
Sabine Krüger findet nach ihrem Abschluss schnell einen Job. Ihre Arbeit bringt es jedoch mit sich, sich ständig vor den Kollegen erklären zu müssen. Ihr wird auf der Arbeit übel, sie zweifelt an ihren Fähigkeiten. „Schon nach wenigen Wochen wollte ich wieder kündigen.“
Eine Kollegin bemerkt ihr Problem und geht auf sie zu: „Sie hat mich aufgebaut, mir Mut gemacht. Heute ist sie eine gute Freundin.“ Mittlerweile hat sie sich gut in ihr Team eingefunden. Auch ihr Chef zeigt Verständnis, eine Sonderbehandlung gibt es jedoch nicht. Das würde sie selbst auch nicht wollen.
Sie belegt zudem Kurse, in denen Rhetorik, Körpersprache und Selbstvertrauen trainiert werden. Heute sagt sie: „Ich versuche Situationen, vor denen ich Angst habe, nicht mehr zu meiden. Ich habe gelernt, mich meinen Ängsten zu stellen.“

Schlafstörungen

Schlafstörungen: Erst Verhaltenstherapie, dann Medikamente

Die kognitive Verhaltenstherapie empfehlen US-amerikanische Ärzte als First-Line-Behandlung für erwachsene Patienten mit chronischen Schlafstörungen. Erst wenn die nicht-medikamentöse Therapie keinen Erfolg bringt, könnten Arzneimittel in Absprache mit dem Betroffenen und nach Aufklärung über Kosten, Nutzen und Risiken der Präparate ergänzend für kurze Zeit zum Einsatz kommen.